Ach du Schreck !

Über Wochen hin antwortet keiner der von mir angeschriebenen Zoos und Organisationen. Catherines Bemühungen in Frankreich bleiben erfolglos. Nur Gerard de Nijs bleibt im Kontakt, erkundigt sich nach Bhagya und regt an, den Kopf nicht hängen zu lassen.
Am Brunnen Bhagya nutzt vergnügt jede Gelegenheit zum Wäsche klauen, Schweineschnauzen beschnuppern und Hühner scheuchen.

Längst hat er herausgefunden, dass sein Futter in der Farmküche aufbewahrt wird. Während eines abendlichen Ausflugs folgt er Maya zur Küche, schleicht um das Haus herum und beobachtet sie durch das rückwärtige Fenster. Sie lacht, als sein Kopf plötzlich auftaucht, aber wohl fühlt sie sich nicht. Als sie die Küche mit einer Schüssel Hühnchen verlässt, pressiert es Bhagya, ihr durch die Felder zu folgen. Bei den Schweineställen biegt Maya um eine Ecke und ist außer Sicht.

Bhagya lässt sich jedoch nicht dazu bewegen, auf geradem Weg in sein Gehege zu gehen. Er zieht so stark an der Leine, dass plötzlich der Verschluss des Halfters aufspringt. Ich versuche, es wieder zu schliessen, aber - oh Schreck! - er dreht sich geschickt heraus und springt in die Richtung davon, in der Maya verschwunden ist. Ich rufe ihr noch zu "Bhagya kommt !", und renne auf die Wiese.

Bhagya rupft ein Hühnchen Die Hunde kläffen so aufgeregt, dass Bhagya vor ihnen auf das Dach des Schlachthauses flüchtet. Unter dem Dach des offenen Gebäudes verbergen sich Maya und einige Kollegen vor Bhagya. Als er mich sieht und nach ihm rufen hört, kommt er langsam auf mich zu. Verzagt dreht er sich des öfteren nach den Hunden um und läuft mir lammfromm zum Gehege hinterher. Dort sucht er gleich nach seinem Futter, das Maya jedoch auf ihrer Flucht vor ihm inmitten der Stallungen abgestellt hat. Zum Glück haben die Hunde es in ihrer Aufregung nicht beachtet, sodass Bhagya es wenig später mit Genuss rupfen kann.

Andreas ist besorgt und erteilt Bhagya am Tag darauf Ausgehverbot. Um seinem Bewegungsdrang zu genügen, erfinden wir Pfotenball und kicken sein Spielzeug im Gehege herum, bis er sich hechelnd und außer Atem auf seinen Machan zurückzieht.

Ende Januar schreibt Romie Varley: "Zufällig habe ich gestern einen Verwalter des Chester Zoos getroffen ... Ich habe ihm viel über Deinen Leoparden erzählt und dass es so schwierig ist, für ihn ein Zuhause zu finden. Er hat angeregt, dass Du ihn kontaktierst. Er hat völlig Verständnis für Dein Problem. Chester Zoo ist der beste Zoo in England mit sehr viel Platz."

Voller Optimismus schicke ich eine Email an Anthony Hutchinson, aber er antwortet: "Ich habe mit ein paar Leuten über Ihr Problem gesprochen, und eine Kollegin hat versprochen, Sally Walker von Zoo Outreach India zu kontaktieren. ... Lassen Sie uns sehen, ob Sally Walker irgendwelche Ideen hat."

Sally jedoch schreibt: "Es hat sich nichts geändert. ... Kein Platz in der Arche."

Bhagya bettelt immer wieder miauend am Ausgang und schaut zwischen mir und draußen hin und her. Offensichtlich vermisst er die täglichen Spaziergänge sehr, sodass ich einen Karabinerhaken besorge, um das neue Halfter sicherer verschliessen zu können. Als er das Geschirr sieht, nimmt er hocherfreut die Leine ins Maul und hält ganz still, als ich ihm das Halfter umlege. Jetzt gehen wir heimlich spazieren, wenn niemand mehr in den Feldern arbeitet. Der Stall von Billy Boy, dem Ziegenbock, ist leer, und zum ersten Mal traut er sich vorsichtig in den Stall hinein, von dessen Geruchskulisse er fasziniert ist. Im Versteck
Anfang Februar blutet er im Maul, als er mit den Zähnen in meinem Pulli hängen bleibt. Kurz darauf spuckt er einen Backenzahn aus. Der neue permanente bricht auch schon durch.
Endlich schreibt auch Heike Finke von Tierart e.V.: "Gerne beantrage ich die Papiere. Allerdings sagte unser Zoologischer Berater, daß wir die Einfuhrgenehmigung nur bekämen, wenn unser Gehege bereits bei Antragstellung fertig wäre. Bin noch nicht sicher, ob das stimmt." Sie beabsichtigt, mit dem Bundesamt für Naturschutz Kontakt aufzunehmen und sich über das Genehmigungsverfahren zu erkundigen.
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